GUTACHTEN von Prof. Dr. Lothar Weber, Bielefeld 2022
Durchschnittlich 1,8 Quadratmeter Haut schützen als Grenzorgan unser Körperinneres vor äußeren Störungen.
Eine intakte Hautbarriere wehrt nicht nur biologische Schädigungen durch Mikroorganismen und Allergene ab, sondern schützt darüber hinaus auch vor elektromagnetischer Strahlung (UV-Licht), mechanischem Stress und Irritationen durch Chemikalien. Sie gewährleistet die Wärmeregulation und den Flüssigkeitshaushalt der Körperzellen, indem sie die Verdunstung von Körperwasser über die Haut an die Umgebung kontrolliert.
Unter Normalbedingungen und in Abhängigkeit von Temperatur und relativer Luftfeuchtigkeit kann das bis zu einem Liter Flüssigkeit pro Tag sein. Über Schweißdrüsen werden zudem Salze ausgeschieden.
Für die Schutzfunktion der Haut ist die Epidermis mit ihrem mehrschichtigen Platten-Epithel verantwortlich. Sie ist Reinigungsmitteln wie Seifen, synthetischen Detergentien (Syndets) und Shampoos, aber auch Hautpflegemitteln in Form von Basiscremes, Antiaging-Präparaten und Kosmetika in besonderem Umfang ausgesetzt. Was auf den ersten Blick unbedenklich erscheint, kann unerwartete Überraschungen nach sich ziehen.
So ist es in unserem Kulturkreis üblich, Kleinkinder schon kurz nach der Geburt mehrfach am Tage zu waschen bzw. zu baden und anschließend einzucremen.
Durch ein Zuviel des Guten wird aber in vielen Fällen gerade das Gegenteil dessen, was beabsichtigt war, erreicht.
Die Haut kann sich nicht zu einem gesunden, widerstandsfähigen Organ mit einem gut funktionierenden Immunsystem entwickeln. Infolgedessen steigt die Zahl der Hauterkrankungen, die auf sogenannte Barriere-Störungen zurückgeführt werden. Ähnliche Erfahrungen machen auch Ärzte und Pflegepersonal, die aus Hygienegründen gezwungen sind, sich überdurchschnittlich oft die Hände zu waschen.
Ungeachtet dessen bieten Reinigungsmittel- und Kosmetikindustrie ungebremst eine Fülle verschiedener Seifen, Cremes sowie Formulierungen zur Hautregeneration an. In spektakulären Prospekten und Handzetteln werden die segensreichen Eigenschaften dieser Produkte für unsere Haut gepriesen. Biochemische und medizinische Hintergründe werden oftmals mangelhaft, wenn nicht gar falsch und irreführend, dargestellt. Sie bedürfen dringend einer wissenschaftlich fundierten Korrektur, die frei von jeglichem betriebswirtschaftlichen Interesse ist.
Hierfür erscheint es sinnvoll, den Aufbau unserer Haut – Schicht für Schicht – mit allen wesentlichen Aufgaben noch einmal ins Gedächtnis zurückzurufen:
Die Haut besteht grob unterteilt aus drei Schichten: der Oberhaut (Epidermis) als äußerster Schicht, gefolgt von der Lederhaut (Dermis oder Korium) und der darunterliegenden Unterhaut (Subcutis).
Die Unterhaut besteht aus lockerem, fettreichen Bindegewebe, das von größeren Blutgefäßen und Nervenbahnen durchzogen wird. Hauptaufgaben sind Stoßdämpfung und Wärmeisolierung des Körpers. Die Unterhaut ermöglicht auch die horizontale Verschiebung der Haut als eine wichtige Voraussetzung für die Bewegung der Gelenke.
Im unteren Bereich der Lederhaut befinden sich die Talg- und Schweißdrüsen mit ihren nach außen führenden Kanälen. Die Lederhaut besitzt zahlreiche Blutkapillaren, die Nährstoffe aber auch Wärme transportieren. Bindegewebsfasern sorgen für hohe Zugfestigkeit und Elastizität.
Die Oberhaut als Grenzfläche oder Deckmantel unseres Körpers ist für unsere weiteren Betrachtungen von besonderer Bedeutung. Sie ist frei von Gefäßen und besitzt je nach Körperregion eine Stärke zwischen 0.03 mm (an den Augenlidern) und 4 mm (an den Fußsohlen). Die Epidermis besteht aus einem mehrschichtigen, verhornten Plattenepithel, das hauptsächlich aus Keratinozyten (kernhaltige Hornzellen) aufgebaut ist. Diese Zellen produzieren das Hornmaterial Keratin, ein Faserprotein, das zum einen eine wasserabweisende und mechanisch schützende Schicht bildet und zum anderen der Haut Festigkeit verleiht.
Man unterscheidet vom Körperinneren zur Oberfläche hin die folgenden Schichten der Epidermis. Basalschicht (Stratum basale) wird eine einlagige Zellschicht aus sich ständig teilenden länglichen Zellen genannt. Die durch fortlaufende Teilung neu gebildeten Zellen schieben sich in Richtung Oberfläche und werden dabei allmählich zu Zellen der Stachelschicht. Sind sie an der obersten Schicht der Epidermis angelangt, verlieren sie zunächst ihren Kern, werden dann abgestoßen und von jüngeren Zellen ersetzt. Die Stachelschicht (Stratum spinosum) besteht aus acht bis zehn Reihen von zum Teil melaminhaltigen Zellen (Pigmentzellen) mit stachelförmigen Ausläufern, über welche die Zellen miteinander verbunden sind. Die Zellen bilden über diese Brücken ein Gerüst, das die Epidermis stabil hält.
Die Körnerschicht (Stratum granulosum) besteht aus drei bis fünf Reihen flacher Zellen, die Keratohyalin enthalten, eine zur Hornbildung wichtige Substanz. Ferner scheidet die Körnerschicht ölähnliche Substanzen aus, die die Epidermis geschmeidig halten. In dieser Hautschicht erreicht die Verhornung der Zellen ihren Höhepunkt.
Die lebenden Keratinozyten verlieren ihren Kern und werden zu kernlosen Korneozyten (Hornzellen). Die Körnerschicht und die angrenzende Glanzschicht (Stratum lucidum) sind vergleichsweise schmale Stukturen. Die Glanzschicht bildet aufgrund seiner besonders dichten Packung eine sehr effektive Barriere, die die Haut vor mechanischen Belastungen schützt. Man findet diese Schicht aber nur auf den Handtellern und an den Fußsohlen.
Die Hornschicht (Stratum corneum) besteht aus 25-30 Reihen flacher und vollständig mit Keratin gefüllten Zellen, den Korneozyten. Sie sind in der Hornschicht „backsteinförmig“ angeordnet. Zwischen den einzelnen Lagen der Korneozyten (Backsteine) liegt eine äußerst hydrophobe Lipid-Doppelschicht, die extrazelluläre Matrix, die ähnlich wie Mörtel zwischen Steinen für die Festigkeit dieser Hautschicht sorgt und diese außerdem vor Verdunstung schützt.
Die abgeplatteten Korneozyten sind miteinander verzahnt. Außerdem befinden sich in den interzellularen Räumen Korneodesmosomen, eine Gruppe makromolekularer Proteine, die in ihrer Funktion als Haftsubstanzen für eine enge Verbindung zwischen zwei Zellen sorgen.
Auch die Keratinozyten in der Körnerschicht sind von Desmosomen netzartig verknüpft, bevor sie sich bei ihrer Umwandlung in die Korneozyten weiter verstärken. Die Korneozyten werden kontinuierlich innerhalb eines Monats abgestoßen und stellen die eigentliche Grenzschicht zwischen dem Körperinneren und der Außenwelt dar.
Abbildung 1: Lipiddoppelschichten (Schematisch: blau: polare, hydrophile Zonen; rot:lipophile unpolare Zonen)
Die extrazelluläre Matrix zwischen den Hornzellen besteht aus drei jeweils äquimolaren Anteilen an Ceramiden, Cholesterin und Fettsäuren, die für den molekularen Bau und die Struktur der extrazellulären Räume verantwortlich sind. Darüber hinaus wird der Zusammenhalt der Lipiddoppelschichten durch einzelne besonders langkettige Ceramide gewährleistet. Solche Ceramide sind hauteigene Lipide, die 50% aller Lipide in der Hautschutzbarriere ausmachen. Sie selbst enthalten ein Sphingosinmolekül, das über eine Amidbindung an eine Fettsäure geknüpft ist.
Abbildung 2: Strukturformel von Ceramid
Hieraus resultiert im Übrigen auch die relative Undurchdringlichkeit der Hornschicht für Wasser und andere polare Substanzen sowie Feststoffpartikel.
Bei der Störung des sensiblen Gleichgewichts zwischen Ceramiden, Cholesterin und Fettsäuren, wie durch das Herauslösen der Lipide aus den extrazellulären Räumen mittels Tensiden, Emulgatoren, Seifen, kommt es zum Austrocknen der Haut. Krankheitserreger können ungehindert in die Haut eindringen und führen zu krankhaften Hauterscheinungen wie Dermatosen, Neurodermitis oder Schuppenflechte.
An dieser Stelle muss auf eine irreführende Darstellung der Sebamed-Werbung Bezug genommen und diese richtiggestellt werden. Dort heißt es: Auf der Haut liegt im Normalfall ein Hydro-Lipidmantel aus Schweiß, Lipiden (Fetten), Aminosäuren und verhornten Zellschuppen. Diese Schicht schützt die Haut nicht nur vor dem Austrocknen, sondern auch vor Keimen und schädlichen Stoffen aus der Umwelt. (Zitat Ende)
Diese Beschreibung ist falsch.
1. Wir haben gesehen, dass es sich bei dem so genannten "Hydrolipidmantel" um das Barriere -Lipid aus Ceramiden, Cholesterin und Fettsäuren im extrazellulären Raum zwischen den Hornzellen handelt. Hierbei kann von einem Mantel keine Rede sein, denn Mäntel umhüllen Lebewesen und geometrische Körper stets von außen.
2. Das Barriere-Lipid besteht auch nicht aus Schweiß, Aminosäuren und verhornten Zellschuppen. Auch der postulierte Schutz vor Keimen ist wirklichkeitsfremd. Dies ist im Wesentlichen die Aufgabe von sogenannten "Antimikrobiellen Peptiden"(AMPs) auf der Hautoberfläche, über die später noch zu sprechen sein wird. Auch über den Schutz der Haut vor Austrocknung beim Waschen mit Sebamed wird an gegebener Stelle noch zu reden sein.
Im Vergleich zu den darunterliegenden Hautschichten ist das Stratum corneum nicht mehr so dicht gepackt. Es wird an der Oberfläche von den fetthaltigen Sekreten der Talgdrüsen abgedichtet, doch ist dieser Fettfilm nicht zusammenhängend und deckt somit nicht die gesamte Fläche ab.
Die Epidermis erneuert sich ohne äußere Einflüsse innerhalb von 2–4 Wochen von selbst, während die Hornschicht hierfür nur 8 Tage benötigt. Obwohl die Hornschicht biologisch tot ist, vollbringt sie unter Mitwirkung von Enzymen beachtliche Stoffwechselleistungen.
Solche Enzyme sind beispielsweise die Hydrolasen, welche Triglyceriden in Diglyceride und Monoglyceride sowie Glycerin und Fettsäuren spalten. Andererseits sorgen Proteasen für den Nachschub und die Aufrechterhaltung des "Natural Moisturizing Factor" (NMF) indem sie Proteine abbauen. Der NMF hält die Haut feucht und schützt angeblich vor Hautalterung. Hierfür ist der Wassergehalt in der Hornschicht entscheidend verantwortlich.
Gleichzeitig ist der Wasseranteil bedeutend für die Hautbarrieren, da die Feuchtigkeit das Eindringen von hydrophoben Stoffen in die Haut erschwert.
Eine ausreichende Wasserversorgung (Hydratation) ist eine essentielle Voraussetzung der physiologischen Struktur und der Funktion des Stratum corneum. Der Wassergehalt der Hornschicht (normalerweise 10-20%) ist in erster Linie von der relativen Luftfeuchtigkeit und der Menge des "Natural Moisturizing Factor" in der Hornschicht abhängig.
Die unterste Schicht des Statum corneum wirkt als Wasserbarriere. Der Wassergehalt der Hornschicht ist sehr viel niedriger als der Wassergehalt der lebenden Epidermis. Die Hornschicht kann durch Aufnahme von Feuchtigkeit bis zum Vierfachen ihres Gewichts aufquellen, was mit der Proteinzusammensetzung der Korneozyten (hygroskopische Aminosäuren) zusammenhängt.
So hängt also der Wassergehalt der Hornschicht nicht allein vom inneren und äußeren Wasserangebot ab, sondern auch von wasserbindenden Substanzen ab, die den vorher kurz erwähnten Natural Moisturing Factor in den Hornzellen bedingen. Sie enthalten nämlich hygroskopische Verbindungen wie Pyrrolidoncarbonsäure als Natriumsalz, Milchsäure, Natriumlaktat, Glycerin, Natriumchlorid und Harnstoff im wasserlöslichen Teil der Hornschicht.
Auch an Faserproteine gebundene Kohlenhydrate wirken im NMF. Durch Wasser, Fettlösemittel, Seifen und Syndets werden die NMF teilweise aus der Hornschicht ausgeschwemmt, was eine Austrocknung der Haut nach sich zieht.
Angeblich verhindern Lipide auf der anderen Seite eine schnelle Ausschwemmung der NMF beim Kontakt mit Wasser.
Erwartungsgemäß besteht kein erkennbarer Zusammenhang zwischen dem Wassergehalt der Hornschicht und dem Ausmaß der Talgdrüsensekretion, denn die Lipide auf der Hautoberfläche bilden, wie schon erwähnt , keine geschlossenen Filme.
An dieser Stelle ist es interessant, wie der Feuchtigkeitsgehalt der Haut durch Externa wie Salben und Cremes beeinflusst wird. Hier sollen drei spezielle Systeme im Detail betrachtet werden.
1. Lipophile, wasserfreie Externagrundlagen und Okklusivfolien
Die hydratisierende Wirkung eines Okklusivverbandes ist gut belegt. Es kommt bei längerer Anwendung nicht nur zu einer Zunahme des Wassers, sondern auch zur Vermehrung der NMF. Auch Lipophile zeigen Okklusiveffekte auf der Haut. Jener von Lanolinsalbe ist dabei stärker ausgeprägt als der von Vaseline oder Adeps-Benzoat (Benzoeschmalz).
2. Emulsionen
Emulsionen führen der Haut aktiv Wasser zu. Dabei betrifft die Hydratation nicht nur die oberste Hornzellenschicht, sondern es werden auch tiefer liegende Anteile des Stratum corneum befeuchtet. Nach einiger Zeit ist das Wasser aus der Emulsion verdunstet und es verbleibt ein okklusiv wirkender Lipidfilm auf der Haut.
3. Tenside
Tenside bewirken eine Ausschwemmung des NMF und beschleunigen die Austrocknung der Hornhaut. Klassische Seifen und Syndets unterscheiden sich hierbei nicht wesentlich. Ein aufquellender Effekt bei der Verwendung von Seife ist allenfalls in den ersten 10 Minuten nach beendetem Waschvorgang festzustellen. Nach 10 Minuten ist die Hornhautfeuchte in der Regel eher geringer als zuvor. Der Grund ist darin zu suchen, dass NMF vermehrt herausgelöst wurde und der noch verbliebene Rest auf den Hornzellen das Wasser nicht mehr so effektiv halten kann wie zuvor.
Abwehrmechanismen der Haut gegenüber Keimen
Obwohl die menschliche Hautoberfläche von ca. 107 Mikroorganismen besiedelt wird, erleidet die Haut hierdurch in der Regel keinerlei Schädigungen. Eine intakte physikalische Barriere wie sie in den beiden Kompartimenten der Hornhaut, nämlich den Hornzellen und den extrazellulären Schichten vorliegt, ist für die Immunabwehr zweifellos von Bedeutung, erklärt aber nicht, warum unter den vorherrschenden Bedingungen das Wachstum schädlicher Mikroorganismen dort begrenzt ist.
Erste Hinweise hierüber lieferten wirbellose Tiere, die über kein Immunsystem aus Antikörpern und Abwehrzellen verfügen. Stattdessen beherbergen bei ihnen Haut und Schleimhäute ein chemisches Abwehrsystem mit einer Vielzahl antimikrobieller Peptide (AMP, die entweder ständig oder nur in Anwesenheit größerer Mengen an bedrohlichen Keimen gebildet werden.
Das ist eine Folge des leicht sauren Milieus im Stratum corneum (pH 4,7-5,5), in dem sich nützliche Mikroorganismen wohlfühlen und ihre eigene Hautflora etablieren. Der leicht saure Charakter der Hornschicht hat zum Teil seinen Ursprung in Säuren, die durch den enzymatischen Abbau von Schweiß, Talg und abgestoßenem Zellmaterial bei der Umwandlung der Keratinozyten in Hornzellen. Aus wissenschaftlicher Sicht ist jedoch die Genese des Säuremantels noch nicht lückenlos aufgeklärt und verstanden.
Das hat aber die Hersteller von Seifen mit dem pH-Wert 5 (z.B. Sebamed) nicht von der Behauptung abgehalten, dass der sogenannte Säureschutzmantel schädliche Mikroorganismen sowie negative Umwelteinflüsse (ohne diese näher zu spezifizieren) abwehrt.
Auf eben diese Weise würde die Haut vor Infektionen, Reizungen, Allergien und schließlich auch vor Austrocknung geschützt. Hierfür gibt es keine schlüssigen und überzeugende Beweise. Ein wesentlich überzeugenderer Grund für die Infektionsresistenz auch der menschlichen Haut liefern die eben angesprochenen antimikrobiellen Peptide als eine Spielart körpereigener Antibiotika. Im Rahmen der angeborenen unspezifischen Immunabwehr verfügen die Keratinozyten über zahlreiche Substanzen aus den Stoffklassen der Peptide und Lipide, die Mikroben wirksam bekämpfen. Zu solchen antimikrobiellen Peptiden gehören die Defensine mit ihren 30-50 Aminosäurebausteinen, deren Strukturen von drei Disulfidbrücken stabilisiert werden.
Der Schluss liegt nahe, dass auch beim Menschen die Haut ständig antimikrobielle Peptide produziert. Ihr Aufgabenfeld ist vielfältig. So kontrollieren sie Wachstum und Zusammensetzung der normalen Hautflora. Daneben halten sie das mikrobielle Gleichgewicht an den Grenzflächen aufrecht. Generell kann auch die menschliche Haut Peptid – basierte Antibiotika erzeugen, die mehr oder weniger erregerspezifisch sind und nur nach Kontakt mit gefährlichen Mikroorganismen synthetisiert werden. So lassen sich drohende Infektionen schon im Anfangsstadium eliminieren. Man zählt die Defensine zu den weißen Blutkörperchen, und konstatiert ihnen eine sehr breite antibakterielle, antivirale und antifungale Wirkung, was durch eine Serie experimenteller Befunde untermauert ist.
Ein solches Abwehrsystem wurde 1967 aus Hautschuppen von Psoriasis-Patienten isoliert und als Beta-Defensin- 2 (HBD-2) bezeichnet. Da Psoriasis-Patienten aus unerklärlichen Gründen neben ihrer Schuppenflechte seltener an anderen Hauterkrankungen leiden als Psoriasis-freie Patienten wurde vermutet, dass hierfür körpereigene Abwehrstoffe verantwortlich sein könnten.
Mittlerweile ist wohldokumentiert, dass dieses erste hauteigene Desinfektionsmittel Gram-negative Bakterien und Hefen abtötet, aber gegenüber Staphylococcus aureus unwirksam ist. Es kommt in der gesunden Haut nur in geringen Mengen vor und wird immer dann von Keratinozyten produziert, wenn diese von bestimmten Immunstoffen oder krank machenden Stämmen des Bakterium Pseudomonas aeruginosa dazu angeregt wird. Zudem müssen sich diese Bakterien bereits so stark vermehrt haben, dass sie einen sogenannten Biofilm bilden, der dann gefährlich wird. Einzelne Bakterienzellen sind hierzu jedoch nicht in der Lage.
Mit dem Human-Beta-Defensin-3 (HBD-3) wurde kürzlich das potenteste bisher bekannte körpereigene antimikrobielle Peptid entdeckt. Es zeichnet sich durch seine breite Wirksamkeit gegenüber Bakterien und Hefen aus, wird aber ebenfalls nur bei Bedarf produziert.
Aus der Hornschicht der Epidermis wurde ein Protein isoliert, das sich als E-coli spezifische AMP erwies. Andere Erreger vermochte es jedoch nicht abzutöten. Weitere AMPs finden sich in den Gruppen der Cathelizidine und den RNAsen.
Einige Cathelizidine besitzen hydrophile als auch hydrophobe Eigenschaften, andere haben eine positiv geladene funktionelle Gruppe, was ihre Existenz in wässriger Phase und ihre Bindung an negativ geladene Bakterienmembrane gestattet.
AMPs lagern sich generell an die Membranen von Bakterien an und bilden Poren durch die Ionen und Wasser strömen, was letztlich zum Zelltod führt.
Resumee
Zu Großmutters Zeiten wurde die Wäsche, nachdem sie in einem Kupferkessel gekocht wurde, in hölzernen Bottichen auf Waschbrettern per Hand in noch warmer Seifenlauge geschrubbt.
Während des oftmals länger andauernden Prozesses wurde die Haut an den Händen als äußeres Indiz von Austrocknung wellig.
Im Zeitalter von Waschautomaten gehört diese Art der Wäschereinigung der Vergangenheit an. Das bedeutet jedoch nicht, dass unsere Haut heute weniger oft fettlösenden Reinigungsmitteln wie Seifen, Syndets, oder Tensiden aller Art ausgesetzt wäre.
Wie eingangs erwähnt gilt dies in besonderer Weise für Ärzte und Pflegepersonal in Praxen, Krankenhäusern, Alten-und Pflegeheimen ,wo man sich vor jeder Behandlung eines neuen Patienten die Hände gründlich waschen und desinfizieren sollte.
Hierfür werden amphiphile Verbindungen wie Seifen oder Syndets verwendet. Ihre hydrophilen, polaren Enden wechselwirken mit dem Wasser, während sich die unpolaren hydrophoben Enden mit Fetten (Lipiden) verbinden.
Bei klassischer Seife übernehmen die Anionen langkettiger Fettsäuren diese Aufgabe. Mit einem pH-Wert von ca. 10 reagieren wässrige Seifenlösungen stark basisch. Sie entfernen jedoch nicht nur das oberflächlich vorhandene Fett samt dem anhaftenden Schmutz, sondern auch die Barriere-Lipide aus der Hornzellenschicht. Ihrer Schutzfunktion beraubt, wird diese Hautschicht nunmehr von offenen Kanälen durchzogen, durch die Krankheitserreger und kleinere Schmutzpartikel in tiefere Hautschichten eindringen können.
Ein positiver Effekt liegt in der Tatsache, dass die Seifenanionen auch die Fetthüllen von Viren attackieren und ablösen. Der dünne Säurefilm auf der Haut fällt den Säureanionen durch Deprotonierung zum Opfer, regeneriert sich aber überraschend schnell wieder.
Auf der Hornzellenschicht befindet sich eine antimikrobielle Peptidschicht.
Ihre potentielle Zerstörung durch Tenside ist jedoch weniger evident, da diese Schicht erst dann produziert und aktiviert wird, wenn schädliche Mikroben auf der Haut in größeren Umfang identifiziert werden. Das Stratum corneum ist nicht absolut dicht, sondern gewährt einen minimalen Flüssigkeits- und Stoffaustausch zwischen Organismus und Umwelt.
Die physiologische Abdunstung von Wasser durch Schwitzen (ca. 250 mL pro Tag) ist ein wichtiger Parameter der Barriere-Funktion der Haut und als transepidermaler Wasserverlust (TEWL) biophysikalisch messbar.
Jedoch ist auch das Händewaschen und das ganzkörperreinigende Wannenbad in Seifenwasser mit Wasserverlust verbunden.
Neben den Lipiden aus dem Stratum corneum werden dabei auch die polaren Komponenten des Natural Moisturing Factor extrahiert. Als Konsequenz können die Hornzellen nun deutlich weniger Wasser binden. Andererseits werden die Hornzellen über die Luftfeuchtigkeit wieder mit Wasser versorgt. Die alternative Verwendung von Syndets bzw. Seifen vom pH-Wert 5 als Ausweg täuscht, denn auch diese Reinigungsmittel verwenden amphiphile Ingredienzien und Emulgatoren, die wie klassische Seifen Lipide herauslösen und damit die Austrocknung der Haut befeuern.
Ein echter Ausweg aus diesem Dilemma bietet Dr. Priemers VIELWASCH-WUNDER-SEIFE, die neben Natriumsalzen langkettiger Fettsäuren bis zu 20% Peptide enthält, die ihrerseits durch enzymatische Hydrolyse von Molkenproteinen (WPH) gewonnen wurden.
Es wurde über vergleichende TEWL- Messungen mit klassischen Seifenlaugen sowie mit einer wässrigen Lösung der gleichen Konzentration an Wunderseife demonstriert, dass bei letzterer die Haut auf den Händen eines Probanden deutlich weniger stark ausgetrocknet wurde. Diese Beobachtung findet ihre Erklärung in der der Belegung der Hornzellenschicht mit einer geschlossenen Peptidschicht, die aus Aminosäuren und niedermolekularen Peptiden des Molkenhydrolysats aufgebaut ist.
Die Peptidschicht folgt bei ihrem Aufbau den Gesetzen der Supramolekularen Chemie und dem Prinzip der Molekularen Erkennung, wobei die Proteine der Hornzellen als Matrix dienen. Diese Peptiddecke wehrt die Angriffe der Säureanionen auf die Hornzellenschicht und ihre beiden Kompartimente wirkungsvoll ab.
Prof. Dr. Lothar Weber
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